Anfang (4:51) von und Informationen zum Film über die Geschichte der politischen Fernsehmagazine






















Informationen:

Politische Fernsehmagazine der ARD – eine Fernsehgeschichte

Teil 1: die frühen Jahre von PANORAMA (90 Min.)

Teil 2: REPORT, MONITOR und PANORAMA – wie es weiterging (90 Min.)


Der Ausschnitt befasst sich mit dem Beginn von PANORAMA und lässt die Gründer, Rüdiger Proske und Gert von Paczensky, zu Wort kommen.


Der erste Teil beschäftigt sich mit den frühen Jahren des ersten politischen Magazins der ARD und stellt den Versuch dar, die Geschichte des Magazins im Kontext der Mediengeschichte und der politischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zu sehen. Der Film bietet daher auch ein Panorama der bundesrepublikanischen Gesellschaft jener Jahre: ihrer Polit-Themen und -Tabus, ihrer Konflikte und Zäsuren. Beispielsweise wird der Zuschauer in die Zeit der „Spiegel“-Affäre versetzt, die eine Strauß-Affäre war, und erlebt den Ausbruch aus der „formierten Gesellschaft“ der Adenauer-Ära; er nimmt teil an der Enttarnung alter Nazis in Justiz und Politik; er begegnet den ersten „Ostermarschierern“ und dem Protest gegen die Große Koalition.
Im Mittelpunkt steht freilich die Spannung zwischen dem unabhängigen Journalismus der Panorama-Gründer und der engagierten Tradition, die sie mit ihrem „agenda setting“ schufen. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille; auf der einen Seite kommt auch der politische und medienpolitische Druck auf das Fernsehmagazin zur Sprache, das zeitweise, während der absoluten Mehrheit der CDU/CSU und auch während der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD, als einziger nennenswerter, außerparlamentarischer Artikulationsort kritischer Stimmen begrüßt oder beschimpft wurde.
Der Film besteht aus Interviewsequenzen und Ausschnitten aus alten „Panorama“-Sendungen. Für Interviews konnten ehemalige Redaktionsleiter (Rüdiger Proske, Gert von Paczensky, Joachim Fest), Redakteure (Rudi Lauschke) und Mitarbeiter (Bernt Engelmann), Realisatoren (Klaus Wildenhahn und Albert Krogmann) und Cutterinnen (Kirsten Wedemann) sowie der frühere Intendant (Gerhard Schröder) und sein Pressesprecher (Manfred Jenke) gewonnen werden. Ihre Aussagen wurden zu einem „fiktiven Dialog“ montiert. Die Beteiligten setzen so ein vielschichtiges Mosaik zusammen, indem sie die Geschichte des Magazins, seiner Redaktionen und deren Verhältnis zur Intendanz und Politik schildern, sich dabei ergänzen, korrigieren oder auch vehement widersprechen. Dabei werden bislang unbekannte oder wenig bekannte Aspekte entdeckt, auch filmästhetischer Art: z.B. die Versuche Klaus Wildenhahns, Ansätze des Dokumentarfilms für Magazinbeiträge nutzbar zu machen. Die Filmausschnitte illustrieren nicht nur, was die Beteiligten zur Sprache bringen; der Gang in das Filmarchiv versetzt den Zuschauer auch in die Zeit der 60er Jahre zurück und macht z.T. verloren geglaubtes Material erstmals wieder zugänglich – z.B. wurden alte Live-Moderationen, die im NDR damals entweder nicht aufgezeichnet werden konnten oder gelöscht wurden, im Archiv des DDR-Fernsehens gefunden, das komplette Sendungen vom Bildschirm abgefilmt hatte.

Der zweite Teil beginnt mit den Anfängen von „Report“, dem frühen Konkurrenten von „Panorama“. Ehemalige Redaktionsleiter und Chefredakteure (Hans Heigert, Dagobert Lindlau, Günter Gaus, Claus Hinrich Casdorff) schildern, wie „Report“ gegründet wurde, wie es zu einer Gemeinschaftssendung des Bayerischen Rundfunks, des Süddeutschen Rundfunks, des Westdeutschen Rundfunks und des Südwestfunks wurde, wie es zerfiel, als sich der WDR mit „Monitor“ abspaltete, und wie es sich zu „Report München“ und „Report Baden-Baden“ ausdifferenzierte. Der Zuschauer erlebt – aus heutiger Sicht – unerhörte Töne und gewagte Bilder: Wenn Alexander Mitscherlich Rainer Barzel quasi auf die Couch legt; wenn die Filmemacher Michael Blackwood und Donn A. Pennebaker Franz Josef Strauß nur beobachten und in der Öffentlichkeit als „starken Mann“, in der häuslichen Sphäre dagegen als kleinlauten Befehlsempfänger seiner Frau wahrnehmen; wenn Lindlau Reportagen über die „Blumenkinder“ von San Francisco bringt oder Jean Paul Sartre auf dem Internationalen Vietnam-Kongress interviewt. Mit Gaus schaut man erstmals über die Mauer und riskiert Blicke in die damalige DDR-Wirklichkeit, die nicht ideologisch verzerrt sind. Und mit dem frühen Monitor und dem späteren Panorama wird der Zuschauer in die unruhigen Jahre der Bundesrepublik zurückversetzt und nimmt an den Aktionen der Außerparlamentarischen Opposition teil und besucht ihre Wortführer wie Rudi Dutschke.
Die „Macher“ der 60er Jahre lassen aber nicht nur Anteil daran nehmen, wie sie die Umbrüche und Aufbrüche gegen Ende der 60er Jahre erlebten und in die deutschen Wohnstuben weiterleiteten; mit „intimer Kenntnis“ berichten sie auch, wie die Politik - mit unterschiedlicher Wirkung - auf die Magazine Einfluss nahm. Heigert und Lindlau schildern, wie „Report München“ seit Beginn der 70er Jahre nachhaltig parteipolitisch geprägt wurde; Heinz Klaus Mertes, langjähriger Chef von „Report München“, versucht, diese parteipolitische Bindung zu leugnen und sein Magazin als „einzig alternatives politisches Magazin“ in der ARD darzustellen; Franz Alt und Hannelore Gadatsch erinnern sich, weshalb Alts damalige CDU-Mitgliedschaft ihn 1972 zum Leiter von „Report Baden-Baden“ prädestinierte und weshalb das Magazin in den 80er Jahren - als sich Alts Weltbild unter dem Eindruck der Friedensbewegung änderte - zunehmend Schwierigkeiten mit der Intendanz des Senders bekam; Casdorff, Klaus Bednarz und die langjährigen „Monitor“-Mitarbeiter Gabriele Krone-Schmalz und Volker Happe legen dar, wie es gelang, „Monitor“ aus dem parteipolitischen Proporzdenken herauszuhalten und daß Casdorffs legendäres „Kreuzfeuer“-Interview mit Strauß („Ich verbitte mir solche Überfallfragen“) zu Beginn der 70er Jahre und Bednarz' spätere Frage an den damaligen Verteidigungsminister Wörner, ob er einen blackout habe, beste „Monitor“-Tradition sind; die früheren „Panorama“-Leiter Peter Merseburger und Gerhard Bott sowie die langjährigen Redakteure Luc Jochimsen und Stefan Aust, später Leiter des privaten „Spiegel-TV“, schildern das spannungsreiche Verhältnis zur Intendanz und zur SPD...
Auch in diesem zweiten Teil tauchen ständig  die politischen Konfliktzonen und Themenfronten der Bundesrepublik auf: Der Zuschauer erlebt nicht nur das legendäre Versprechen, „mehr Demokratie (zu) wagen“, er wird auch mit dem „roll back“ konfrontiert: wenn die Emanzipation durch das Abtreibungsverbot Rückschläge erleidet; wenn unter Kanzler Schmidt Berufsverbote, Häuserkampf, Atomanlagen in Brokdorf und Wackersdorf sowie Raketenstationierungen die innenpolitischen Auseinandersetzungen charakterisieren; der Zuschauer wird aber auch Zeuge der Geburt neuer politischer Kräfte und Konfliktfelder: Die „Grünen“ und der Umweltschutz setzen neue Akzente...
Nicht zuletzt beschäftigt sich der Film mit den Gründen des unübersehbaren Schwunds des kritischen und filmisch ansprechenden Fernsehjournalismus. Die Ursachen werden aber nicht nur in der Begehrlichkeit der Parteien und ihrer Medienpolitik geortet, sondern die Schuld liegt auch und gerade - wie die Interviewpartner selbstkritisch feststellen - in der mangelnden Courage der einzelnen.
Beide Filme wurden hergestellt vom Audiovisuellen Medienzentrum der Universität Siegen in Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien Köln, Schwerpunkt Fernsehen  /Film. Die Interviews wurden geführt in Teil 1 von Gerhard Lampe und Heidemarie Schumacher, in Teil 2 von Gerhard Lampe. Buch und Regie: Gerhard Lampe; Kamera: Wolfgang Kuhn; Ton: Norbert Greiten / Stephan Schopp; Schnitt: Wolfgang Kuhn / Gerhard Lampe. Redaktion: Karl Mertes (WDR) und Horst Königstein (NDR)


Länge: je 90 Min.

Produziert in Betacam sp im Auftrag von © WDR und © NDR

Erstausstrahlung: WDR: 26.12.1992 (Teil 1), 27.12.1992 (Teil 2); NDR: 27.12.1992 (Teil 1), 28.12.1992 (Teil 2)


Literaturhinweis:

„Panorama“, „Report“ und „Monitor“. Geschichte der politischen Fernsehmagazine 1957-1990. Konstanz (Universitätsverlag Konstanz / Haus des Dokumentarfilms, Reihe close up, Bd. 15) 2000; 483 S.


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