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„Fakten und Fiktionen. Das Dokudrama im Fernsehen“






















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Im Ausschnitt äußern sich in der Reihenfolge ihres Erscheinens: Dieter Meichsner, Rolf Hädrich, Egon Monk. Zu Beginn erläutert Monk das Zustandekommen des Fernsehspiels „Wilhelmsburger Freitag“ von 1964, aus dem Stücke zu sehen sind.


Das Dokudrama ist eine Mischform von dokumentarischem Material und gespielten Szenen, die in den letzten Jahren vor allem durch Arbeiten von Heinrich Breloer und Horst Königstein eine Renaissance erlebte („Staatskanzlei“, „Kollege Otto“, „Wehner, die unerzählte Geschichte“, „Der Mann im schwarzen Mantel“, „Todesspiel“). Die Kombination von Nachrichtenbildern und inszenierten Handlungen wirkt besonders authentisch und kann - wie kaum ein anderes Genre - gesellschaftliche und zeitgeschichtliche Themen von öffentlichem Interesse informativ und spannend behandeln. Das Dokudrama dokumentiert und unterhält zugleich; Ereignisse und Personen werden aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen - beispielsweise der Aufstieg und Fall Uwe Barschels („Staatskanzlei“) oder die Ermordung Hanns Martin Schleyers („Todesspiel“).

Das Dokudrama hat eine lange Tradition; in der BRD wurde es maßgeblich vom NDR und WDR als fernseheigenes Genre gefördert und hat in vielen (preisgekrönten) Arbeiten die Entwicklung der Bundesrepublik kritisch begleitet.

Die Dokumentation erzählt diese doppelte Geschichte nach. Im Wechsel mit Ausschnitten aus wichtigen Stücken erinnern und reflektieren namhafte Film- und Fernsehmacher (Egon Monk, Rolf Hädrich, Dieter Meichsner, Dieter Wedel, Heinrich Breloer und Horst Königstein) ihre Arbeiten im gesellschaftlich-politischen und ästhetischen Kontext. Monk und Meichsner schildern ihre Pläne, das Fernsehpublikum der 60er Jahre für die Idee der Demokratie zu erwärmen und - im Sinne Bert Brechts, mit dem Monk lange Jahre zusammenarbeitete - historische Prozesse transparent zu machen. Dazu gehört die Aufklärung über die verdrängte faschistische Vergangenheit (z.B. in „Ein Tag. Bericht aus einem deutschen Konzentrationslager“, Buch: Gunter R. Lys, Regie: Egon Monk, NDR 1965), aber auch die Auseinandersetzung mit aktuellen Alltagsnöten eines jungen Paares aus dem Arbeitermilieu („Wilhelmsburger Freitag“, Buch: Christian Geissler, Regie: Egon Monk, NDR 1964).

Wedel berichtet von seinen frühen filmischen Anfängen, wie er, fasziniert von den dokumentarischen Methoden Eberhard Fechners („Nachrede auf Klara Heydebreck“, NDR 1970), in seinem Dokudrama über den Arbeiteraufstand in der DDR („Gedenktag“, NDR 1970) Zeitzeugen und Inszenierungen zu verklammern begann. Hädrich erläutert seine Arbeitsweise in dem legendären Film „Erinnerung an einen Sommer in Berlin“ (NDR 1972), worin er ein inszeniertes Kapitel aus Thomas Wolfe's Roman „Es führt kein Weg zurück“ mit Wochenschaumaterial der Olympischen Spiele von 1936 in Berlin bis zur Ununterscheidbarkeit verwebt und so ein dichtes Panorama jener Zeit entfaltet.

Breloer und Königstein denken an die Anfänge ihrer gemeinsamen Arbeit zurück: wie sie, angeregt von den vorgefundenen Traditionen, z.B. in „Das Beil von Wandsbek“ (NDR / WDR 1981) den Spuren von Arnold Zweigs gleichnamigen Roman nachgingen und in Form dokumentarischer Recherchen (Breloer) und inszenierter Ausschnitte (Königstein) den Fall untersuchten, dass in Hamburg während der Naziherrschaft ein Metzger als Aushilfshenker mit seinem Schlachterbeil einen Kommunisten hinrichtete. Breloer und Königstein geben desweiteren Einblick in ihre nachfolgenden Dokudramen, die immer wieder „Krankengeschichten der Demokratie“ aufgreifen. Sie thematisieren aber auch, wie sich ihre aktuellen Methoden unterscheiden und sich ihre Arbeiten als kontrovers ansetzende Spiele mit dem Medium Fernsehen und den Seh-Gewohnheiten begreifen: Während Breloer den Ansatz einer Verdopplung der Realität verfolgt, tendiert Königstein zunehmend zu einer Verfremdung der Realität durch pointierte Künstlichkeit.


Buch, Regie, Schnitt, Produktion: Gerhard Lampe

Kamera: Sebastian Pfau

Ton: Marco Kleinert

Redaktion: Reinhard Wulf (WDR / 3sat)


Länge: 103 Min.

Produziert in Betacam sp im Auftrag des (©) WDR

Erstausstrahlung 18.1.2001 (3sat)


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