Trailer (2:13) und Informationen zum Porträt Erich Frieds






















Informationen:

Im Trailer zitiert Erich Fried aus zwei Gedichten, die einander widersprechen und Schnitt für Schnitt miteinander verschränkt sind:

1. Wegweiser (in: Erich Fried, Zur Zeit und zur Unzeit. Berlin: Klaus Wagenbach 1981, S. 35)

2. Lebensaufgabe (in: Erich Fried, Es ist was es ist. Berlin: Klaus Wagenbach 1983, S. 58):


Wegweiser

Was mich mutlos macht

ist dass es so schwer ist

zu sehen wohin ein Weg geht

zum Recht und zur sicheren Zukunft

aber was mir dann wieder Mut macht

ist dass es so leicht ist

zu sehen wo Unrecht geschieht

und das Unrecht zu hassen


Und auch wenn es nicht leicht ist

gegen das Unrecht zu kämpfen

so verliert man dabei

doch nicht so schnell seine Richtung

denn das Unrecht leuchtet so grell und verbreitet so starken Geruch

dass keiner die Spur des Unrechts verlieren muss


Wenn der Weg zum Recht und zur Zukunft

dunkel ist und verborgen

dann halte ich mich an das Unrecht

das liegt sichtbar mitten im Weg

und vielleicht wenn ich noch da bin

nach meinem Kampf mit dem Unrecht

werde ich mich dann ein Stück

vom Weg zu Recht erkennen


Lebensaufgabe

So hinter dem Unrecht herzujapsen

wie ich

kann einen mit tiefer

Befriedigung erfüllen


Wenn ich dem Unglück

nachhumple

kann ich rufen:

„Es flieht vor mir!“


Wenn es stinkt

kann ich sagen:

„Das sind nur

seine Rückzugsgefechte.“


Dabei weiß ich doch ganz genau

ich hole es niemals ein

also wird es sich hoffentlich

auch nicht an mir vergreifen


Aber weil ich es wittern kann

und es ständig im Auge behalte

kann ich vielleicht auch vor ihm

immer rechtzeitig auf der Hut sein


Dazu kommt noch mein guter Ruf

als Vorkämpfer gegen das Unrecht

Der ist doch auch etwas wert

und der bleibt mir noch lange


Darum bin ich dem Unrecht

schon richtig ein wenig dankbar

Was finge ich ohne es an

mit dem Rest meines Lebens?



Erich Fried ist am 22. November 1968 in Baden-Baden gestorben. Er zählt zu den produktivsten und umstrittensten Lyrikern der deutschen Gegenwartsliteratur. 1987 bekam er den Büchner-Preis. Fried mischte sich ein, wo Unrecht geschah. Er war ein unorthodoxer Linker, der nicht nur mit „Zorn- und Angstgedichten“, sondern auch mit seinen „Liebesgedichten“ ein großes Publikum erreicht hat. 1921 in Wien geboren, musste er als Jude 1938 vor den Nazis fliehen und beschloss, „Schriftsteller zu werden, der gegen Faschismus, Rassismus, Unterdrückung und Austreibung unschuldiger Menschen schreibt.“ Fried lebte seitdem im Londoner Exil, war aber seit den 60er Jahren häufiger in Deutschland und Österreich präsent – er trug aus seinen Werken vor, griff in literarische und politische Debatten ein und demonstrierte mit den rebellierende Studenten von 1968 und der Friedensbewegung.

Der Film skizziert die wichtigsten Stationen der Zeitgenossenschaften und literarischen Erfahrungen, die Fried zum „engagierten Dichter“ machten, indem er den geradezu schmerzhaft spürbaren Zusammenhang von Biographie und Werk rekonstruiert und dokumentiert.


Buch und Produktion: Gerhard Lampe

Regie: Christian Feyerabend

Kamera und Schnitt: Lutz Becker

Ton: Johannes Schwalb / Hans Hausmann

Sprecher: Christian Korp

Redaktion: Annelen Kranefuß (WDR)


Länge: 49:33 Min.

Produziert in U-matic hb im Auftrag des © WDR

Erstausstrahlung 6.5.1986 (HR) / 8.5.1986 (WDR)


Literaturhinweis:



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