Lehrveranstaltungen Lampe, Filmanalyse Intraszenische Montagemuster
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Inhaltsangabe: Ein junger karrierebewusster Anwalt, der seiner Firma verschweigt, dass er homosexuell ist und Aids hat, wird unter einem Vorwand entlassen und klagt gegen den früheren Arbeitgeber (Quelle: 2001-Filmlexikon).
Im Ausschnitt (1:15) ist die erste Spielszene des Films zu sehen, sie konfrontiert uns mit den Protagonisten Andrew Beckett (links, Tom Hanks) und Joe Miller (Denzel Washington). Die Szene ist insofern kompliziert aufgebaut, als wir es mit drei Handlungs- und fünf daran orientierten Kameraachsen zu tun haben: Diese bestehen in Falle der Achsen 2 und 3 aus shot/reverse shot-Positionen, die in einem sehr spitzen Winkel aufgenommen sind, so dass sie beinahe wie point of view-Positionen anmuten. Zum besseren Ver-ständnis denke man sich immer einen Halbkreis auf die Handlungsachse hinzu, um die Positionen im 180°-Schema deut-licher zu bestimmen. Die drei Handlungsachsen verlaufen zwischen den Akteuren:
1. zwischen den Anwälten Andrew Beckett (links) und Joe Miller,
2. zwischen der Richterin und Becket,
3.) zwischen der Richterin und Beckets Konkurrenten Miller.
Die Kameraachsen sind zwischen der Richterin und den beiden Anwälten gezogen: Kameraachse 1 zeigt zunächst einmal beide Anwälte als (beinahe) point of view- Position der Richterin, tatsächlich aber als spitzwinklige shot/reverse shot-Aufnahmen; wenn beide nach dem ersten Schnitt die Köpfe in Groß-Einstellung zusammenstecken (was durch Bewegungen der Akteure und einen kurzen Kameraschwenk ermöglicht wird), zeigt sich allerdings ein cut in, im 90°-Winkel auf die Handlungsachse aufgenommen, d.h. es handelt sich bereits teilweise um einen mastershot; erst am Schluss wird ja Kameraachse 1 als "over head"-Position vollständig realisiert und präsentiert uns den establishing shot.
Jonathan Demme, Philadelphia
USA 1992
Kameraachse 2 und 3 sind symmetrisch als sehr spitzwinklige shot/reverse shot- Positionen realisiert, die aber beinahe als point of view-Positionen erscheinen, zumindest so wirken sollen. Der ausgewählte Ausschnitt ist der eigentliche Filmbeginn (zuvor sehen wir dokumentarische Aufnahmen von Philadelphia und darein integriert den Titelvorspann. Plötzlich blickt Tom Hanks (fast) in die Kamera, d.h. der Zuschauer fühlt sich (annäherungsweise) angeschaut. Ähnlich verfährt die Kamera mit Denzel Washington. Erst am Schluss werden die Achsenverhältnisse völlig klar: Die Kamera befindet sich hinter einer Richterin, und spätestens jetzt erweist sich Beckets Blick als Beinahe-point-of-view-Position der Richterin. Der Zuschauer wird durch diese Operationen zur buchstäblich entscheidenden Instanz erhoben, dadurch dass beide Anwälte ihn – beinahe – anblicken. Jeder soll sich sein eigenes Urteil bilden.